„Ich habe doch sicher den richtigen Zeitpunkt verpasst.“ Diese oder ähnliche Aussagen hört man oft von Anfängern in Finanzangelegenheiten. Darauf gibt es eine einfache Antwort: Wenn man noch nicht investiert hat, dann ist der richtige Zeitpunkt immer jetzt.

Jedoch spielt uns unsere Psyche bei dieser Überlegung gerne einen Streich. Warum das so ist und wie man mit rationalen Argumenten dagegen hält, erfährst du hier:

Die psychologische Komponente

„Wer etwas will, findet Wege. Wer etwas nicht will, findet Gründe.“

Zweifelst du an einer Entscheidung, findest du immer genügend Gründe, etwas nicht zu tun. Die Schwierigkeit ist, dir selbst die Gründe für das Handeln vor Augen zu führen. Menschen bestätigen sich lieber in ihrem Tun oder in ihrer Ablehnung, als zu hinterfragen, ob es nicht eine andere Möglichkeit gäbe. Gerne reagiert man auch auf Außenreize bzw. das eigene Umfeld. Wenn sich dieses kritisch äußert, fühlt man sich bestätigt. In Bezug auf Investments heißt das, du scheust das vermeintliche Risiko und wählst den einfachen Weg, das Geld nicht zu investieren und auf dem Konto liegen zu lassen.

Wenn du etwas nicht willst, denkt du nämlich automatisch an Probleme und findest Hindernisse. Du bestärkst dich selbst, indem du Fakten negativ bewertest. Aktuell hohe Kurse werden interpretiert mit: Jetzt kann es nur noch nach unten gehen! Niedrige Kurse mit: Hab ich mir sofort gedacht, dass man nur Geld verlieren kann! Wenn du etwas willst, denkst du lösungsorientiert. Du findest zwar auch Hindernisse, bewertest diese aber nicht negativ, sondern suchst nach Lösungen, etwas trotzdem umzusetzen.

Aber wenn du Angst hast, alles zu verlieren?

Du musst als Investorin immer die Möglichkeit im Kopf haben, dass der Markt korrigiert. Die Erfahrung lehrt, in solchen Phasen einen kühlen Kopf zu bewahren und das veranlagte Geld weiter arbeiten zu lassen, denn Verluste sind nur ein Problem, wenn sie realisiert werden. In solchen Phasen heißt es, gegen psychologische Effekte anzukämpfen und ein rotes Investment auf dem Papier auch mal auszuhalten. Mit einem Verlust sind nämlich immer auch Emotionen verbunden, weshalb du dazu tendierst, das Problem aus dem Weg zu räumen, um nicht ständig daran erinnert zu werden und die negativen Emotionen durchleben zu müssen. Damit gehst du unangenehmen Optionen aus dem Weg und prüfst nicht weiter, ob ein gegenteiliges Handeln nicht doch sinnvoll wäre.

Denn der Mensch hat grundsätzlich ein großes Sicherheitsbedürfnis und entscheidet immer emotional, um negative Gefühle zu vermeiden. Da positive Gefühle wie Freude und negative Gefühle wie Ärger oder Trauer nicht gleichwertig empfunden werden, entscheidest du dich oft für den vermeintlich sicheren Weg. Da ein finanzieller Verlust viel stärker wahrgenommen wird als ein Gewinn in derselben Höhe, investierst du lieber nicht.

Und wenn dir eine Shopping-Tour mehr Freude bereitet als Investieren?

Der Mensch ist intuitiv immer auf Belohnung aus, daher neigst du eher zu Impulskäufen, um dir eine Freude zu machen, und bevorzugst Erlebnisse, die mit einem Glücksgefühl verbunden sind. Denn hierbei entsteht Dopamin, ein Botenstoff im Gehirn, der auch als „Glückshormon“ bezeichnet wird. Der Gedanke an ein langfristiges Investment löst dieses Gefühl leider nicht aus. Auch der Kuchen im Moment ist verlockender, als die Traumfigur in einigen Monaten. Es ist daher wichtig, auch die langfristigen Ziele mit einem Traum in Verbindung zu bringen, der dich antreibt und dich bei der Stange hält. So könnte bei einem langfristigen Sparziel der Traum von einer großen Reise oder Immobilie den Anreiz geben, das langfristige Investieren durchzuziehen.

Die rationale Komponente

Als Investorin muss du dir vergegenwärtigen, keinen Einfluss auf den Markt oder bestimmte Ereignisse zu haben, die den Kurs beeinflussen können. Du kannst jedoch für solche Situationen vorsorgen.

1. Nicht benötigtes Geld

Rational kannst du einen vorübergehenden Buchverlust besser verkraften, wenn du weißt, dass du das investierte Geld in den nächsten Jahren nicht benötigst. Beim Investieren solltest du immer von einem Horizont von mindestens 7 bis 10 Jahren ausgehen. Denn stürzen die Kurse ab, sollte es dich nicht in den Ruin stürzen. Daher niemals Geld investieren, das kurzfristig benötigt wird.

2. Beständigkeit

Das vermeintlich richtige Timing an der Börse ist ein Trugschluss. Viele Investorinnen haben aufgrund übereilter, gefühlsgeleiteter Aktionen schon Geld verloren, Geduld hingegen hat noch meistens zu Gewinnen geführt. Die Börse ist irrational und unvorhersehbar, niemand kann Ereignisse vorhersagen. Sich von Gefühlen leiten zu lassen, führt meistens zum falschen Effekt, denn dann verkaufst du, wenn Aktionismus und Panik vorherrschen und die Kurse am Boden sind. Doch gerade nach Kursstürzen folgen auch die größten Aufholrallyes auf dem Aktienmarkt. Wenn du daher verkaufst, wenn es schlecht läuft, verpasst du wahrscheinlich auch die großen Kurssprünge nach oben.

Besonders in volatilen Zeiten schrecken Investorinnen vor Käufen zurück, dabei ist das immer auch eine besondere Chance, Aktien zu einem günstigeren Preis zu kaufen. Durch den Cost-Average-Effekt profitierst du, wenn du einen festen Betrag pro Monat, zum Beispiel über einen Sparplan, investierst. Bei fallenden Kursen erhältst du mehr Anteile, während du bei steigenden Kursen eine geringere Anzahl an Anteilen kaufst. Der Cost-Average-Effekt senkt die Durchschnittskosten der Anteile über einen langen Anlagehorizont hinweg. Vor allem bei hohen und stark schwankenden Kursen ist der Durchschnittskosteneffekt von Vorteil.

Empfohlen wird ein Sparplan insbesondere für Investorinnen, die neu an der Börse sind. So kann das Risiko, womöglich am Höhepunkt eines Kurses gekauft zu haben, mit dem nächsten Kauf zu einem niedrigeren Kurs wieder ausgeglichen werden. Jedoch solltest du darauf achten, ein Depot bei einem Broker zu eröffnen, der möglichst niedrige Kontoführungs- und Ordergebühren verlangt, damit die Rendite von den Kosten nicht aufgefressen wird.

3. Diversifikation

Hast du ein diversifiziertes Portfolio, kannst du auch in Krisenzeiten ruhig bleiben. Du wirst nie alles verlieren, wenn du diversifiziert investierst, das heißt dein Investment auf mehrere Länder, Branchen und Unternehmern aufteilst. Insbesondere solltest du dich auch nicht vom sogenannten Home-Bias lenken lassen und nur auf Unternehmen aus deinem eigenen Land setzen.

Hierfür eignet sich die Investition in einen ETF (börsengehandelter Indexfonds), dem der MSCI World (globaler Aktienindex) zugrunde liegt. Damit hältst du Aktien von über 1.650 Unternehmen aus 23 Industrieländern, das sind rund 86 % des Börsenwertes aller Industrieländer. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass alle Unternehmen in allen Ländern Verluste erleiden, denn in einer Krise gibt es immer Gewinner und Verlierer. Der MSCI World Index wird seit dem 31. März 1968 berechnet und startete 1969 mit einem Referenzwert von 100 Punkten. Heute steht er bei 2.968 Punkten (Stand April 2022) und hat sich somit in 50 Jahren verdreißigfacht und eine Durchschnittsrendite von 7 Prozent pro Jahr erzielt. Dabei gab es auch Jahre mit Verlusten, aber noch stärkere Jahre mit Gewinnen, sodass bei einer Laufzeit von 15 Jahren immer ein positives Ergebnis erwirtschaftet wurde.

Im Umkehrbeschluss bedeutet dies:

Investierst du dein Geld nicht, verlierst du jedes Jahr ca. 7 Prozent Rendite!

Schlussendlich solltest du dir immer vergegenwärtigen, dass es für den Anlageerfolg wichtiger ist, wie lange du investierst, als zu welchem Zeitpunkt. Und sofern du diversifiziert anlegst, minimierst du das Risiko weiter. Mit diesen Tipps sollte deinem persönlichen Investment nun nichts mehr entgegenstehen.