Geld ist wichtig in unserer Gesellschaft und wir streben danach, ein gutes und finanziell sicheres Leben zu führen. Deshalb wollen wir einen Blick auf die wohlhabenden Menschen werfen und hinterfragen, wie sie leben und welche Gewohnheiten ihnen zum Wohlstand verholfen haben.

„Ich wäre so gerne Millionär, dann wär mein Konto niemals leer.“ Wie die Prinzen träumen auch viele Menschen davon, reich zu sein. Dahinter steht der Gedanke, sich alles kaufen und sich jeden Wunsch erfüllen zu können. Studien zeigen aber, dass Reichtum nichts mit Luxusmarken oder gar Lebensglück zu tun hat.

Wann ist man eigentlich reich?

Laut Definition ist Reichtum der Überfluss an gegenständlichen oder geistigen Werten. Reichtum zielt also nicht nur auf den Besitz materieller Güter oder Geld ab, sondern auch auf geistige Werte und Wohlergehen. Da der materielle Wohlstand bzw. Reichtum aber leichter messbar ist, reduziert sich die Definition umgangssprachlich darauf, dass jemand „mehr Geld als normal“ zur Verfügung hat bzw. dass es ihm/ihr in materieller Hinsicht an nichts fehlt.

Die Finanzämter zum Beispiel haben wieder eine eigene Definition von Reichtum. Ab einem bestimmten Einkommen wird seit 2007 ein höherer Einkommensteuersatz, der sogenannte „Reichensteuersatz“, verrechnet. Der „Reichensteuersatz“ in der Höhe von 45 % (statt des normalen Höchststeuersatzes von 42 %) greift in Deutschland derzeit ab einem Jahreseinkommen von 274.613 Euro. In Österreich kommt der Spitzensteuersatz gar erst ab einem Einkommen von über einer Million Euro zum Tragen, dafür beträgt er aber 55 %. Besteuert wird damit auch nur der Einkommensreichtum – und das sagt wenig über das tatsächliche Vermögen aus.

Wer reich ist, konsumiert nicht viel

Im Alltag setzen viele Personen finanziellen Reichtum mit Konsum gleich. Jemand mit einem schicken Auto oder Markenklamotten wird schnell als reich bezeichnet. Tatsächlich ist es jedoch so, dass Personen, die gerne zeigen, was sie haben, nicht zu den reichen Personen gehören. Denn wer ungesehen konsumiert, wird aus eigener Kraft selten den finanziellen Wohlstand erreichen, den er eigentlich anstrebt.

Geltungskonsum (Conspicuous Consumption)

Wohlhabende Personen definieren sich durch das, was sie geleistet bzw. erreicht haben, und benötigen die Bestätigung von Außen nicht. Sie sind durch ihr Tun reich geworden und müssen niemanden mehr etwas beweisen. Daher ist es auch nicht notwendig, Marken und Logos vorzuweisen. Dagegen definieren sich Personen, die Luxusgüter kaufen, überwiegend durch das, was sie haben. Sie präsentieren, was sie sich leisten können, um bewundert zu werden und dadurch das eigene Selbstwertgefühl zu verbessern.

Dieses Phänomen besitzt auch einen Namen, nämlich Geltungskonsum, und wurde bereits 1899 von Thorstein Veblen in „The Theory Of The Leisure Class“ beschrieben. Geltungskonsum beschreibt auffälliges, auf öffentliche Wirksamkeit bedachtes, konsumierendes Handeln („conspicuous consumption“).

Das demonstrative Konsumieren zielt darauf ab, allen zu zeigen, was man sich leisten kann. Hierdurch soll der soziale Status dargestellt bzw. erhöht werden. Menschen einer bestimmten gesellschaftlichen Schicht orientieren sich am Konsum der gesellschaftlichen Schicht über ihnen. Häufig erscheint dieses Imponierverhalten durch das demonstrative Vorzeigen von Statussymbolen bei Personen der Mittelschicht und Gutverdienern, die noch nicht vermögend sind (High Earners Not Rich Yet, sogenannte „HENRYS“). Diese Personen reagieren auf Werbung, die Menschen mit einem luxuriösen Lebensstil zeigt, da dies Begehrlichkeiten weckt. Sie glauben, dass wohlhabende Menschen diese Sachen tun/benutzen/tragen und imitieren dieses Verhalten. Ebenso dient das Vorzeigen dazu, sich von der breiten Masse abzuheben.

Diesen Effekt nutzen auch die Werbeabteilungen der Luxusmarken. Früher waren ältere Personen die Zielgruppe des Luxussegements, in den letzten Jahren und durch die zunehmende Social-Media-Präsenz hat sich dies geändert. Heute bringen Millennials (geboren zwischen 1981 und 1994) und die Generation Z (geboren zwischen 1995 und 2010) bereits mehr als ein Drittel des Umsatzes – mit einem enormen Wachstumspotenzial. Social Media erlaubt es den Luxusmarken, sich bereits bei einer Zielgruppe zu positionieren, die derzeit noch nicht über das notwendige Budget verfügt, aber es sich in Zukunft leisten wird können bzw. leisten will. Viele der Lifestyle-Luxusmarken haben sich durch ihre Zusammenarbeit mit Influencern & Co. und kreativen Online-Kampagnen in den Köpfen der jungen Zielgruppe festgesetzt.

Es gibt Studien dazu, dass reiche Personen nicht auf Werbung reagieren, die Reichtum und Überfluss zur Schau stellt, sondern auf Funktion und Qualität achten. Daher schwinden am oberen Ende des Preisspektrums die sogenannten Lifestyle-Werbungen. Bei einer Uhrenmarke einer Preiskategorie, die für den Großteil der Mittelschicht nicht mehr leistbar ist, steht zum Beispiel Werthaltigkeit über Generationen im Vordergrund. Eine wiederaufgenommene Kampagne symbolisiert die Vater-Sohn-Beziehung unter dem Motto: Man erfreut sich ein Leben lang an der Qualität, aber eigentlich bewahrt man sie schon für die nächste Generation auf.

Heimlicher Reichtum (Stealth Wealth)

Das Gegenteil von „Conspicuous Consumption“ ist Stealth Wealth. Im Vordergrund stehen nicht Konsum, sondern finanzielle Freiheit und eine erfolgreiches, glückliches Leben. Also reich zu sein, ohne damit anzugeben. Der Fokus liegt auf einem normalen Lebensstil und einem guten Finanzmanagement, das heißt, die Ausgaben im Rahmen zu halten und zu investieren. Das ermöglicht ein entspanntes Leben, ohne sich darüber Gedanken zu machen, besser zu sein oder mehr zu haben als der Nachbar. Das heißt aber nicht, dass man sich gar nichts leisten darf, sondern es geht darum, sich bewusst etwas zu gönnen. Dies sind insbesondere Erlebnisse wie ein schöner Urlaub, ein Restaurantbesuch oder eine Veranstaltung.

Thomas Druyen, ein deutscher Soziologe und bekanntester Vermögensforscher Europas, meint, Selbstdarsteller finden sich eher im Bereich der Mittelklasse. Je erfolgreicher und finanziell unabhängiger jemand ist, desto unwichtiger werden klassische Geltungssymbole. Reichtum nach außen zu tragen gilt als vulgär, das Risiko, mit übertriebener Selbstdarstellung sein Image zu ruinieren, ist groß. Als Klaus Kleinfeld 2005 zum Siemens-Chef ernannt wurde, retuschierte zum Beispiel die Presseabteilung die Rolex vom Handgelenk, um nicht das Image eines Aufsteigers darzustellen, der es nötig hat, mit seinem vermeintlichen Reichtum zu protzen. Wohlhabende Menschen legen zwar Wert auf gute Qualität, grundsätzlich aber eher auf puristische Luxusgüter, die man als solche nicht oder kaum erkennt. Diesem Trend gehen auch schon viele Luxusmarken nach und verzichten auf große Logos.

Auch in Vorstellungsgesprächen sieht man den Wandel der Zeit. Statussymbole wie der teure Dienstwagen oder die Reise in der Business Class sind nicht mehr das, was zählt, sondern der Mehrwert an Lebensqualität. Flexible Arbeitszeiten und Remote Working machen Menschen glücklich. Große Autos werden in der jungen Generation als umweltverschmutzend und eher peinlich angesehen, Car Sharing, das Fahrrad und eine Bahncard sind die Statussymbole der neuen Zeit. Ebenso gehören Krawatte und Anzug immer mehr der Vergangenheit an.

Macht Geld glücklich?

Macht Geld bzw. Konsum nun glücklich? Auch dieses Thema war schon oft Gegenstand von wissenschaftlichen Studien. Die bekannteste Studie „From wealth to well-being? Money matters, but less than people think.“ aus The Journal of Positive Psychology, Band 4, Nr. 6, November 2009, kommt zum Ergebnis, dass Geld grundsätzlich wichtig für das Wohlbefinden ist, der Effekt aber seine Grenzen hat. Ein bestimmtes Einkommen ist wichtig zur Erfüllung der Grundbedürfnisse und für bestimmte Freiheiten, ab einer gewissen Grenze ist jedoch eine Sättigung erreicht, ab der das Glücksgefühl nicht mehr wesentlich ansteigt.

Im Jahr der Veröffentlichung der Studie lag der Grenzwert bei einem Bruttoeinkommen von ca. 84.000 Euro pro Jahr. Nun muss man anerkennen, dass dies durchaus ein hohes Einkommen ist und man damit ein schönes Leben finanzieren kann, aber bis man eine Million gespart hat, braucht das auch einige Zeit. Der Betrag reicht auch nicht, um regelmäßig Waren der Luxusklasse zu kaufen. Daher ist Geld zwar wichtig für das Glücksempfinden, aber man benötigt nicht so viel, wie man vielleicht denkt. Aus psychologischer Sicht macht also ein gutes Einkommen glücklich, aber ein Leben voller Luxusgüter nicht.

Mindful consumption

Immer mehr in Mode kommt auch der Begriff „Mindful consumption“. Achtsamer Konsum heißt nachhaltig zu entscheiden und achtsame Kaufentscheidungen zu treffen – von Alltagsgegenständen bis hin zu langfristigen Investitionen. Achtsamer Konsum bezieht sich darauf, sich seiner Entscheidungen als Verbraucher bewusst zu sein. Brauche ich es wirklich, erfüllt es ein wichtiges Bedürfnis oder wünsche ich es mir nur? Ein Bedürfnis ist eine wesentliche Anforderung oder eine Notwendigkeit, während ein Wunsch ein Wunsch ist. Die Erfüllung von Bedürfnissen ist überlebenswichtig, während die Erfüllung von Wünschen nicht überlebenswichtig ist. Selbstverständlich muss ich mein Leben nicht nur auf überlebensnotwendige Dinge reduzieren, aber mit der Frage „Bringt es Mehrwert in mein Leben?“ kann ich feststellen, ob es sich nur um einen kurzfristigen Wunsch oder eine sinnvolle Investition handelt.


Abschließend ist festzuhalten, dass Reichtum nicht mit Konsum gleichzusetzen ist. Geld ermöglicht es, teure Waren zu kaufen oder Freiheit und Unabhängigkeit zu erlangen, eher selten beides. Jede Person kann selbst entscheiden, ob sie das neue Luxusauto und den mit Designermarken ausgestatteten Kleiderschrank wählt oder die Freiheit, sich jederzeit verändern zu können, aus gesundheitlichen Gründen eine Auszeit zu nehmen oder andere in der Not unterstützen zu können.

Nicht außer Acht gelassen werden sollte auch, dass die staatliche Pension/Rente für die junge Generation nicht ausreichen wird, um den gewohnten Lebensstil fortzuführen. Deshalb ist es wichtig, schon früh mit der Vorsorge zu beginnen und den Konsum nicht überhandnehmen zu lassen.

Aber wenn denn nun Geld nicht glücklich macht, was dann? Nicht Geld, nicht materielle Güter, Status oder Aussehen, sondern Dankbarkeit, gute Taten und positive Gedanken. Damit kann also jeder etwas für sein Glück tun.